Der erste Eindruck

Heißgemacht…

…hat mich die Mitteilung der Firma Fuji, dass eine der X100 ähnliche Kamera herauskommen soll, bei der sich die Objektive wechseln lassen.

Die Nachricht davon kursierte seit Januar im Netz und seit einigen Tagen war sie lieferbar.

Was tun, sprach Zeus, Nero hat Husten. Also nicht lange überlegt, eine Leica(obwohl ich die gerne hätte) ist für mich unüberwindbar teuer. Trotz der Statuswertes einer solchen Kamera(Ich habe auch noch „richtige“ analoge Kameras, darunter auch eine Leica), ihrer extrem guten Verarbeitung und ihres wirklich klassischen Aussehens, das allein schon einen Grund darstellen würde, eine zu kaufen, habe ich zugeschlagen: Sie ist hier, meine X-Pro 1 mit einem 1,4/35mm- Objektiv als Standardlinse.

Die Beschaffung:

Ich wollte die Kamera schnell hier haben, allein schon, um diesen Bericht verfassen zu können.

Also macht man sich mal mit dem Auto auf den Weg, um das gute Stück abzuholen: Bei mir waren das 320 km bis nach Düsseldorf zu einem Händler, der noch ein Exemplar im Lager hatte und von dem ich die Kamera erwarb: Geld und Kamera nebst Objektiv wechselten also diesmal in Düsseldorf die Besitzer.

Ich habe die Kamera gleich im Laden ausgepackt, weil mein rechter Zeigefinger juckte. Zudem sollte man die Verpackung immer auf den vollständigen Inhalt hin überprüfen. Das tat ich dann auch: Mit Hilfe eines Verkäufers habe ich dann den Tragriemen drangebastelt, den bereits vorgeladenen Akku eingesetzt und eine mitgebrachte SD- Karte ebenfalls in die Kamera eingesetzt.

Frauenfreundliche Kamera…

Hier ergab sich bereits das erste angenehme Detail: Fuji liefert ein Werkzeug als Fingernagelschoner mit, mit dessen Hilfe die Aufhängungsfedern für den Tragriemen geöffnet werden können. Genial, das, meine Damen mit den langen Nägeln! Andere bieten diesen Komfort nicht einmal bei wesentlich teureren Kameras…

Der erste Eindruck

So konnte ich mir einen ersten Eindruck von meinem Kauf verschaffen. Zuerst einmal: Die Kamera fühlt sich extrem leicht an, besonders im Vergleich zu meiner Canon Eos 5d MarkII nebst 24-70- Optik. Der Fertigungsqualität der Kamera an sich tut das allerdings keinen Abbruch: Was auf dem Metall steht, ist zumindest teilweise eingraviert, hier vor allem auf dem Zeitenknopf. Beim Wahlschalter für die Belichtungskorrektur ist das schon nicht mehr der Fall. Andererseits: Auch Canon macht das nicht besser und andere wie Nikon auch nicht. Soweit erscheint mir das akzeptabel, obwohl man ja immer einige fromme Wünsche hat.
Alle anderen Dinge sind in Ordnung: Die Schalter rasten markant und hörbar, sie klingen allerdings nicht nach einem Radio aus den 1950er Jahren. Gleiches gilt für die Tasten für Steuerung, Menüs etc.: Auch hier herrscht Solidität. Insgesamt handelt es sich hinsichtlich der äußeren Qualität um eine typische japanische Kamera: Sehr gut im oberen Level, aber halt nicht herausragend. Aus meiner Sicht kann man damit gut arbeiten und leben.

Der zweite Eindruck, das Objektiv: Zumindest die äußeren Teile sind aus Metall, die Qualität ist solide. Der Blendenring rastet satt und vor allem in Drittelstufen. Was mir fehlt, ist ein eindeutiger Anschlag für Unendlich und den Makrobereich. Eine Skala für die Entfernug ist ebenfalls nicht vorhanden(wie auch, ohne Anschlag…).

Auch für das 35er gilt: es fühlt sich für seine Größe leicht an. Aber das sollte der Qualität keinen Abbruch tun. Die mitgelieferte Gegenlichtblende ist aus Metall und es kommt ein separater Deckel mit, den man über diese Gegenlichtblende stülpen kann. Dieser Deckel sitzt allerdings etwas locker, man kann ihn daher leicht verlieren. Andererseits: Selbst die Gegenlichtblende meines alten 35er Leitz- Summicrons ist aus Kunststoff und mittlerweile rund 40 Jahre alt. Allerdings herrscht beim Deckel Nachbesserungsbedarf, er tendiert dazu, von der Blende zu rutschen, ihr lieben Fujianer!

Der zweite Eindruck und die Größe der Kamera

Hier sind sie, die versprochenen Vergleichsbilder, einmal die X-Pro mit einer Leica M4 und zum anderen mit einer Canon EOS. Voe allem der Vergleich mit der EOS zeigt, dass die Unterschiede gravierend sind. Man hat sich halt an der Leica orientiert, was die Baugröße angeht. Sehr vernünftig, finde ich. Spiegelreflexen, durch die sich der oder die Fotografierte bedrängt fühlt, haben wir genug im Markt. Die Riesengehäuse sind eine zwiespältige Sache. Sie sind halt bei manchem Gerät eine technische Notwendigkeit, wie z.B. bei der Canon.

Es ist nur logisch, dass der Vergleich etwas hinkt, aber die Dimensionen kann so ein Bild allemal aufzeigen. Man sieht deutlich, dass die M4-P kleiner ist, wenn man auf den Leicameter verzichtet, aber wesentlich klobiger erscheint, wenn man den Gutzten nutzt, wie ich es tue. Und: Nicht vergessen, die Leica ist über 30 Jahre alt und für Puristen gemacht. Wer allerdings damit umgehen kann, der kann auch richtig gute Fotos damit erschaffen, wie man in vielen Magazinen sehen konnte und teilweise immer noch kann. Die vielen schönen Knöpfe an der Fuji sind hier der modernen Digitaltechnik geschuldet.

Hier fällt bereits ein Unterschied zur Leica auf: Das Design der Leica stammt aus den 1950er Jahren, ohne wirklich altbacken zu wirken und das der Fuji erinnert eher an eine der Messsucher- Kameras mit festem Objektiv aus den 1970er Jahren(deren Qualität wirklich gut war, wenn man vom richtigen Hersteller gekauft hat). Hübscher ist die Leica, finde ich, aber das ist Geschmackssache und eine Kostenfrage

Ich wollte hier keine dritte hochwerige Kamera beschaffen. Zwei Systeme reichen mir zum Arbeiten. Letztlich haben beide ihre Berechtigung. Die Riesenkiste, weil sie flexibel ist und die kleinere, weil sie schlicht nicht so aufträgt und vor allem unauffälliger ist, besonders, wenn man damit unterwegs ist. Zudem lässt sich die EOS aufgrund ihres Sensors leichter an eine Großbildkamera adaptieren. Selbstgehäkelte Panoramen mit 80-100 Megapixeln Auflösung aus einem erstklassigen Objektiv haben schliesslich auch etwas, oder…?

Energie

Der Akku: Ein besonders wichtiger Aspekt ist bekanntlich die Stromversorgung. Wenn man alle elektronischen Helferlein benutzt, wie z.B. den Monitor auf der Rückseite und den elektronischen Sucher, der auch automatisch schaltbar ist(Kamera am Auge= Fernseher geht aus!), und die Kamera nicht in den Stromsparmodus schaltet und dann auch noch andauernd die frisch gemachten Bilder herumzeigt, reichen die angegebenen 1260 mAH des Akkus tatsächlich nur für pessimistisch geschätze 120- 150 Fotos, wie sich im ersten Probelauf gezeigt hat. Ansonsten, wenn man sparsam ist und nur den optischen Sucher nutzt und sich die wesentlichen Informationen einspiegeln lässt, sollten unter normalen Umständen die in der Anleitung beschriebenen 300 bis 400 Bilder machbar sein. Die Startzeit der Kamera verlängert sich hier allerdings. Es sind dann eine bis zwei Sekunden, bis sie schussbereit ist. Es gilt halt immer noch das Prinzip der Vorahnung und das der Prävisualisierung(wie der gute alte Ansel Adams das nannte). Das Bild muss vorher im Kopf entstanden sein.

Ich werde mir auf jeden Fall einen zweiten Akku beschaffen, sobald die Lieferprobleme gelöst sind, die es bei neuen Produkten bekanntlich immer gibt. Sollte Fuji das nicht lösen können, weil man dort der Nachfrage nicht so schnell Herr wird, gibt es noch die Händler in Honkong oder China: Zumindest mit der Canon und mit ihrem Vorgänger, einer Nikon D80, ging bzw. geht das auch sehr gut und ohne dass mir etwas explodiert ist. Wichtig hierbei ist allerdings die Kapazität der Akkus: Die Nachbauten speichern oft nur 850 mAH. Man braucht dann eine Batterie mehr.

Der erste Testlauf

Nach einigen Einstellarbeiten und etwas Fummelei hatte ich nach kurzer Zeit heraus, wie das gute Stück bedient wird: Einige Dinge sind doch anders als sie es bei einer eher normalen Spiegelreflex sind. Ein sehr interessantes Feature ist der Hybridsucher: Den kann man während des Fotografierens, also wenn die Kamera am Auge ist, umschalten, um z.B. manuell per Monitor scharfzustellen oder die Auswahl der AF- Messfelder etwas detaillierter zu bekommen: Man kann sich auch die AF- Messfelder kompositionsabhängig einspiegeln lassen und der Kamera damit mitteilen, wo sie scharfstellen soll. Macht man das nicht, sucht die Elektronik das gesamte Bildfeld nach der kürzesten Objektentfernung im Bildausschnitt ab: Das bedeutet, dass das Objektiv einmal durch den gesamten Einstellbereich gefahren wird. Das geht zwar recht schnell, aber ich bin dazu übergegeangen, das Messfeld im Regelfall vorzuwählen (nach alter Väter Sitte ist das die Bildmitte) und die Speichertaste zu nutzen. Das erscheint mir im Moment schneller und einfacher, schon weil sie an sehr exponierter Stelle sitzt und dadurch leicht erreichbar ist.

Weiterhin sollte man beim manuellen Scharfstellen beachten, dass die übertragung der Bewegung des Fokussierrings nicht mechanisch erfolgt, sondern diese Arbeit von dem selben Schrittmotor erledigt wird, der auch für die automatische Fokussierung zuständig ist: Das Ganze läuft also schrittweise und zudem mit einer geringen Verzögerung ab.

Zur restlichen Handhabung: Man war bei Fuji wirklich mir Klugheit beschlagen, dass man zumindest den klassischen Blendenrig erhalten hat und der Verschlusszeitenring sich einstellen lässt wie bei einer alten Kamera aus den 1970ern: Ich liebe das, weil es zu meiner Privatergonomie passt: Man muss nicht lange suchen und auf der Rückseite muss kein Daumenrad dafür herhalten.

Die Belichtungsautomatiken lassen sich ganz einfach anwählen: Beides, Blendenring und Zeitenwähler, auf Auto heisst Programmautomatik. Steht einer der Einstellringe nicht auf Automatik(z.B. Zeit manuell eingestellt), dann wird das Gegenstück(hier die Blende) nachgeregelt. Auch diese Funktionalität ist ein alter Bekannter: Die erste Kamera, die so bedient wurde war meines Wissens eine Minolta XD-7(Das Ding ist auch heute noch toll, finde ich!)

Nun langsam zur Praxis: Die Kamera hat eine Taste, die es erlaubt, alle wichigen Aufnahme- Menüfunktionen auf einen Blick sehen zu können und deren Optionen über ein Wahlrad einzustellen: Nach einer Weile, und wenn man sich durch diese Funktionen durchgespielt hat, ist das die schnellste und damit beste Variante, kleinere Dinge in der Kamera zu ändern.

Weitere Aspekte zur Handhabung

Mir ist aufgefallen, dass die Kamera trotz des Nichtvorhandenseins von Ultraschallmotoren sehr leise ist. Im Vergleich zu meiner Canon ist sie nahezu unhörbar. Diskretion ist damit zumindest bei einer normal lauten Umgebung gewährleistet. Das gilt hier sowohl für den Verschluss als auch für das Objektiv. Man wundert sich immer wieder, was so ein fehlender Spiegel ausmacht. Meines Erachtens ist der Verschluss sogar leiser als der meiner M4-P, und die ist schon verdammt leise!

Die Filmsimulation

Mit dieser Kamera ist es möglich, nach Gusto verschiedene Fuji- Filme zu simulieren. Die Standardeinstellung ist „Provia“. Ich hatte es auch mit anderen Einstellungen, wie dem Velvia, probiert, aber der Provia bzw. seine Simulation scheint mir am besten umgesetzt zu sein: Die „Velvia“- Einstellung ist mir in den Farben zu knallig und zudem blaustichig. Interessant sind hier auch die Schwarzweissemulationen, mit denen immerhin nicht nur ein Schwarzweissfilm emuliert wird, sondern auch die Bildwirkung mit Rot- Gelb- oder Grünfilter. Zudem hat man noch einen Sepia- Effekt im Angebot, der einer intensiven Selentonung(in Warmtonpapier mit Warmtonentwickler inklusive anschliessender Schnellfixierung und abschliessender Selentonung verarbeitet, Dunkelkammerleute und Fans von St. Ansel wissen, was ich meine) nahekommt.auf 400 %, Kamera auf Werkseinstellung.

Der Sensor

Bei Digitalkameras werden die Farben bei den sogenannten Bayer- Typen (der meist verbreiteten Variante, beinahe alle Sensoren sind Abkömmlinge davon) immer nach Schema F verteilt: Man stelle sich ein Quadrat vor, das in vier Unterquadrate unterteilt ist. Zwei dieser Unterquadrate sind grünempfindlich und die beiden anderen jeweils für rot und blau. Fuji macht das anders: Die Farbmengen an sich sind annähernd die selben, allerdings werden die Pixel nicht systematisch verteilt sondern, eher wie bei Filmen, nach dem Zufallsprinzip in einem sudokumässigen 4x9er- Raster verteilt. Laut Fuji hat das noch einen weiteren Vorteil: Man braucht keinen Anti- Aliasing- Filter vor dem Sensor: Das Ergebnis ist eine um geschätze 30% höhere Lichtempfindlichkeit des Sensors. Ein weiterer Nebeneffekt ist die durch weniger Glas bedingte niedrigere Lichtbrechung: Das Ergebnis sind schärfere Bilder. Leica hat ähnliches im Programm, allerdings ist der dort verbaute Vollformat- Sensor ein klassischer Bayer- Typ. Man erkauft sich dadurch eine höhere Bildschärfe zu Lasten eines Moiree- Effektes. Das kann ich an dieser Stelle leider mangels einer Leica M9 nicht demonstrieren.
Auch hier ist der Fuji- Sensor im Vorteil: Der Moiree- Effekt wird hier zusätzlich vermindert bis vollständig unterdrückt.

Die Nichtfotografen

Es gibt noch einen weiteren Aspekt zu berichten: Ich dachte, man könne mit so einer eher kleinen Kamera schön friedlich und unauffällig arbeiten. Aber als ich des Abends lozog, um einige Testbildchen im Abendlicht zu jagen, wurde ich selbstverständlich wieder einmal für einen Pro gehalten, der ich schlicht nicht bin. Zumindest nicht auf dem Sektor Fotografie. Das heißt, dass ihr auch mit einer solchen Kamera nicht davor sicher seid, für Pressefotografen gehalten zu werden. Aber zumindest die Wahrscheinlichkeit für Verwechslungen sollte erheblich sinken. In heutigen Zeiten, in denen jeder glaubt, dass nur er selbst Rechte hat und die Fotografen gar keine, kann das ein durchaus wichtiger Aspekt sein, denke ich.

Ich persönlich würde diese Kamera auch zu einer Hochzeit und mit in die Trauungszeremonie nehmen, weil ich denke, dass sie auch dem kritischsten Pfarrer leise genug sein wird. Diesem Gerät traue ich sogar genug Diskretion für eine Kammermusikveranstaltung zu: Das dortige, meistens sehr anspruchsvolle Publikum wird sich sehr wahrscheinlich kaum bis gar nicht gestört fühlen. Einfach ein bis zwei Meter vom Zuhörer weggehen und nur in lauten Passagen fotografieren. Dann geht das damit.
Eine Spiegelreflex, egal wie ultraschallmotorisiert und vermeintlich leise die Objektive auch sind, würde ich bei so einer Veranstaltung schon wegen der immer noch vorhandenen Geräuschentwicklung der Verschlussaufzugsmotoren zu Hause lassen.

Was sonst noch wichtig ist

Dieser Artikel ist nicht als Ersatz für einen objektiven Test gedacht, dem man sowieso praktisch nirgends bekommt. Ich erhebe hier auch keinen Anspruch auf vollständige Informationen hinsichtlich der Technik: Die Gebrauchsanleitung sollte der Benutzer immer selbst lesen: Ich muss das genauso tun wie jeder andere auch.

Zu beachten ist beim Lesen dieses Textes auch, dass Testaufnahmen bei mit zweierlei Zwecken dienen: Das ist einmal das Eingewöhnen in die Kamera und zum anderen das Sammeln von Erfahrungen in technischer Hinsicht: Die ersten wirklich unbekümmert guten Bilder mit meiner Eos 5 hatte ich erst nach etwa 1000 Auslösungen, weil sich dann erst ein Rhythmus eingeschlichen hat, den man als Automatismus bezeichnen konnte. Bis dahin ist man immer wieder mit der Technik befasst. Die Stammtischsprüche haben also durchaus eine gewisse Aussagekraft.

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Ein Gedanke zu „Der erste Eindruck

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