Die Kamera

Große analoge Bilder verlangen nach großen analogen Negativen. Das ist so eine Binsenweisheit, die in früheren Zeiten sehr große Bedeutung hatte und heute immer noch eine gewisse Gültigkeit besitzt. In meinem Besitz befinden sich eine Sinar F und eine Shen Hao TZ45II(Das Modell mit den Edelstahlteilen und dem Gehäuse aus Nussbaumholz!).

Übersicht. Die Kamera mit ihrem Koffer auf einem Slik-Stativ.

Wie man sehr deutlich sehen kann, ist die Kamera schön kompakt: Der Koffer links im Bild beinhaltet:

  • Sechs Planfilmkassetten, in meinem Fall 9x12cm.
  • Ein Cokin-Filterkit mit Adaptern.
  • Zwei Drahtauslöser.
  • Einen Handbelichtungsmesser.
  • Zwei Objektive: Ein Schneider Super-Angulon 8/90 und ein Symmar 5,6/150.
  • Ein Einstelltuch zum Verdunkeln der Mattscheibe.
  • Und die Kamera hat auch noch Platz.

Dem Gewicht nach würde ich das Ganze auf rund fünf KG ohne Stativ taxieren. Das ist schon dermaßen kompakt, dass man dieses Equimpent auch mit auf eine Tagestour nehmen kann, wenn das Ganze in einem Rucksack verpackt wird und man das Stativ mit seinen 3 Kg Extra-Gewicht aussen am Rucksack befestigt. Eine Canon 5D2 mit drei Zooms ist übrigens nicht leichter!

Das Stativ ist übrigens ein relatives Leichtbau-Modell: Konstruiert ist es für eine Tragfähigkeit von etwa 12 Kg; der Kopf trägt etwa sechs davon. Zum Vergleich: Ein Manfrotto 075 aus den 1980ern wiegt mit einem robusten Kopf etwa das Doppelte und ist zusammengeschoben auch noch erheblich größer.

Hier gleich mal ein paar Kauftipps für Großformatoptiken:

  • Möglichst Linhof-oder Sinar-Objektive nehmen. Diese Firmen selektieren die Optiken nach Qualität. Hersteller sind in der Regel Schneider oder Rodenstock.
  • Darauf achten, dass es vollmechanische Compur- oder Copal-Verschlüsse sind: Vor allem die Compurmodelle lassen sich relativ einfach reparieren, weil erfahrene Mechaniker sich meistens damit auskennen. Compur ist z.B. bei Linhof Standard. Copal eher bei neueren Optiken zu finden.
  • Die Optiken möglichst mitsamt passender Platte kaufen.
  • Eine Mehrschichtvergütung gab es bei Großformatoptiken erst ab etwa 1970, wie bei allen Herstellern. Das ist allerdings nicht so wild. Man muss es nur bei Gegenlichtaufnahmen bedenken.
  • Wenn die langen Verschlusszeiten haken, muss der Verschluss in die Werkstatt. Es sei denn man weiß, wie das zu reparieren ist.

Und hier welche für Kameras:

  • Am besten geht es mit einem Linhof-Technika-Anschluss. Dafür geistern die meisten gebrauchten Objektive durch den Orbit.
  • Wenn die Linhof-Platinen nicht genau passen, kann man bei Holzkameras etwas Material wegschnitzen, bis sie passen. Wenn chinesische Platinen nicht passen, hilft die Feile.
  • Anstelle der Shen Hao kann man auch eine Tachihara nehmen.
  • Soll es eine Linhof zum Benutzen werden, nur die Technika nehmen und die auch nur ab Version IV. Ältere Varianten werden mangels Ersatzteilen kaum noch repariert.
  • Ein heißer Tipp kann auch eine Speed- oder Crown Graphic aus den USA sein. Allerdings erreichen die Kodak-Objektive bei weitem nicht die Qualität deutscher oder japanischer Produkte. Zudem kann man meistens nur die Frontstandarte verstellen. Zum Shiften reicht es, aber nicht für mehr. Zudem sind passende Objektivplatten Mangelware.
  • Darauf achten, dass der Balgen lichtdicht oder am besten neu ist: Ist er schon fransig oder rissig, steht eine Reparatur an.
  • Ansonsten sollten alle bewegten Teile der Kamera leichtgängig und spielfrei laufen.
  • Keine 13×18-Kamera nehmen. Dafür gibt es kaum noch Kassetten und Filme.

Die Rückteile der Kameras sind seit etwa Ende des Zweiten Weltkrieges genormt. Der Standard ist Graflex. Das bedeutet, dass man eigentlich in so ziemlich alle Großbildkameras die gleichen Kassetten einsetzen kann, solange es das gleiche Format ist. Das kann, vor allem deutschen Modellen, auch mal anders sein, aber das ist der Regelfall.

9×12- und 4x5inch-Kassetten haben die gleichen Außenmaße. Bei 9×12-Kassetten ist das Maß nur aufgedruckt.

Jetzt muss man noch abwägen, was man will. Deshalb hier mal eine Entscheidungshilfe, ob man eine Laufbodenkamera wie die Shen Hao will oder einer Studiokamera den Vorzug gibt.

Vorteile der Studiokamera:

  • Mehr Verstellwege möglich.
  • Meistens robuster.
  • Im Regelfall beliebig langer Auszug. Mit meiner Sinar F schaffe ich mit einer dritten Standarte und einem weiteren Balgen 90 cm(!).
  • Durch den langen möglichen Auszug kann man praktisch beliebig lange Brennweiten verwenden. Ich habe mal von zwei Bastlern gehört, die ein U-Boot-Periskop umgerüstet haben sollen und das an so einer Kamera als Tele nutzten. Auszug etwa drei Meter!

Die Nachteile:

  • Schwer, Gewicht unter drei Kg kaum möglich.
  • Nicht „wandertauglich“: Die Kamera muss zerlegt werden und braucht immer noch mehr Platz im Rucksack als eine Laufbodenkamera.

Die Laufbodenmodelle und ihre Vorteile:

  • Kompakt zusammenlegbar und damit rucksacktauglich.
  • Kürzere Aufbauzeit als bei Studiomodellen.
  • Leichter.
  • Das Stativ kann kleiner ausfallen.
  • Mit Adaptern bekommt man die Objektive auch Studiokamera-kompatibel.

Die Nachteile:

  • Ersatzteilbeschaffung bei sehr alten Modellen schwierig.
  • Windempfindlich, vor allem für Holzkameras gilt das.
  • Die Einstellung der Kamera ist manchmal fummeliger als bei Studiokameras.
  • Weniger Auszug des Balgens: Bei der Shen Hao ist bei einem 240er Feierabend, wenn man noch ein paar Verstellreserven und im Nahbereich arbeiten will.
  • Am Rückteil sind die Verstellmöglichkeiten meistens eingeschränkt. Bei meiner Shen Hao reichen sie gut für Landschaften und die meisten Archtiekturaufnahnen, aber im Studio ist zu schnell Schluss, weil größere Abbildungsmaßstäbe nach mehr Verstellung verlangen.
  • Bei einer Speed-Graphic ist fast nichts zu verstellen: Man kann praktisch nur die Frontstandarte verstellen und diese auch nur nach oben shiften oder neigen.

Insgesamt muss man also abwägen, was man will. Hätte ich die Tachihara oder eine Shen Hao schon zu Zeiten des Kaufs der Sinar haben können, hätte ich vielleicht keine Sinar. Eine Linhof Technika war für mich damals unbezahlbar.

Am Ende teilt sich das so auf:

Landschaft = Laufboden

Studio = Studiokamera

Wir sind meistens draußen, also kommt die Kompakte mit. Hier ein weiteres Foto:

Zusammengefaltet mit Stativkupplung 12 cm hoch. Das passt in jeden Rucksack…

Aufgebaut sieht das ähnlich aus wie auf dem ersten Bild:

Aus der Nähe. Man kann schon mal sehr schön sehen, dass so etwas flexibel wie ein Gummibaum ist. Die Neigng des Rückteils ist für ein Landschaftsfoto schon extrem; das sollten etwa 15° sein.

Dann braucht es noch einen Belichtungsmesser. Ein Standardmodell, das auch Lichtmessung kann, sollte reichen. Bekannte Hersteller sind Gossen und Sekonic. Ein Gebrauchtkauf lohnt hier nicht: Ein gebrauchter Gossen befindet mit Sicherheit in schlechterem Zustand als ein neuer Sekonic, der ähnlich teuer ist. Irgendwelche Systemgeräte und Vorsätze braucht es hier nicht. Schön ist, wenn man damit auch Blitzlicht messen kann. Ich habe zusätzlich noch einen Pentax-Spotmeter, aber auch der ist nicht unbedingt notwendig.

Das Stativ sollte stabil sein und mindestens das Doppelte dessen tragen können, was die Kamera mit mit dem schwersten vorhandenen Objektiv auf die Waage bringt. Am besten ist ein Modell, dessen Auszug mindestens bis 1,90 Meter oder mehr reicht. Das schafft meistens zusätzliche Stabilitätsreserven. Ich nutze derzeit das erwähnte Manfrotto 075 für die Studiokamera und ein Slik Pro 780, das auch auf den Bildern zu sehen ist.

Die Kassetten für die Planfilme sind dafür ebenfalls eine notwendige Anschaffung. Ich habe hier derzeit noch welche im Format 9x12cm im Einsatz, die ich mittelfristig durch 4x5inch-Kassetten ersetzen werde, weil die Filme für die 9x12er knapp werden. Als Erstkauf würde ich daher zum Zollformat raten.

Kassette in Action. Beide Filme sind bereits belichtet.

Die Filter sind etwas, das man als Schwarzweißfotograf immer dabei haben sollte. Großformatoptiken haben häufig sehr verschiedene Filtergewinde, was die Beschaffung von Glasfiltern zu einem sehr teuren Unterfangen macht. Immerhin sind es aber dieselben Gewinde wie bei allen anderen gängigen Objektiven. Man kann also etwas dranschrauben. Mit nur einem Objektiv halten sich die Kosten für Glasfilter allerdings noch in Grenzen. Wenn man aber ein 82er Gewinde wie mein altes 300er Symmar mit Compoundverschluss hat, kostet das schnell ein kleines Vermögen.

Besser ist daher, man greift auf ein System a‘ la Lee oder Cokin zurück und nimmt eine potenziell minimal schlechtere Abbildungsqualität in Kauf. Zumindest bei meinen 70x100er Prints konnte ich noch keine Fehler entdecken. Meines ist von Cokin. Es gibt von denen zwei bezahlbare Systeme: Das A-System und das P-System, dessen Filter 85 mm im Quadrat messen. Empfehlenswert ist nur Letzteres. Filterhalter und Adapter kann man auch vom Chinamann nehmen. Die Filter allerdings sollten aus Qualitätsgründen die Originale aus Frankreich sein. Ich habe je einen Gelb-Rot-Grün-und Orangefilter. Damit ist man für die meisten Fälle gerüstet. Und auf das 300er Symmar passt das auch gerade noch drauf. Zudem gilt auch hier wieder: Viele Filter brauchen viel Platz; wenige Filter brauchen weniger Platz.

Und zum Schluss fehlt noch ein Einstelltuch zum Abdunkeln der Mattscheibe der Kamera. Meines ist ein altes Kodak-Modell. Heute gibt es aber Alternativen. Wichtig ist nur, dass es lichtdicht und groß genug ist.

Bei solchen Gerätschaften gibt es aus meiner Sicht z.B. keine Grundsatzdiskussionen nach dem Sinn oder Unsinn einer solchen Gerätschaft. Das machen nur Leute, die nicht wissen was sie reden, aber trotzdem mitreden wollen.  Mit anderen Worten: Man will sowas oder nicht.

Wird fortgesetzt…

 

2 Gedanken zu „Die Kamera

  1. Insgesamt eine klasse Webseite, speziell auch der Bereich „Große Kameras“!

    Ich bin über den DSLR-link auf diese Seite aufmerksam geworden.
    Hatte mal eine Plaubel Makina 69, was wohl aber noch eher in den Mittelformatbereich gehört 🙂

    Grüße
    Michael

  2. Toll Deine Ausführungen zu dem Fotografieren mit Grossformat-Kameras. Ich überlege mir, eine Wista 4×5 zu kaufen (weil sie so schön ist). Die Shen Hao wäre wohl günstiger; zudem ist sie vielleicht wegen der anderen Metallteile robuster?

    Ein Objektiv (150mm) werde ich wohl über E-Bay suchen. Ich denke, dass die neu sehr teuer sind.

    Dein Text ist sehr informativ, gut „bebildert“ – hat mir sehr geholfen.

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